"She Who Once Was ... (the kings beautiful wife)"

Monolog nach Euripides "Alkestis"

Premiere: 13. April 2000 im Theater am Halleschen Ufer, Berlin

Mit:
Magdalene Artelt
Inszenierung
 
Ingo Kerkhof
Ausstattung
Anne Neuser
Dramaturgie
Kerstin Follenius
Lichtdesign
Jörg Bittner
„Apollon hatte den Schicksalsgöttinnen abgerungen, daß Admet, der nicht mehr lange zu leben hatte, jemanden stellen durfte, der willens war, freiwillig für ihn zu sterben. Und so opferte sich denn Alkestis, die Frau Admets, da niemand sonst sich fand.“
"She Who Once Was" unternimmt ausgehend von Euripides Alkestis-Figur eine szenische Recherche: Eine Frau sucht zwischen den Zeilen dieser fremden Biographie jene aufopfernde, unbedingte Liebe bis in den Tod, eine Sinnhaftigkeit jenseits der alltäglichen Banalität. In immer neuen Assoziationen umkrist sie die Geschichte und ihre Protagonisten: 

Alkestis, die für ihren Mann zu sterben bereit ist, Admet, der lieber Alkestis sterben sieht als sich selbst, Apoll, der bei den Schicksalsgöttinen für seinen Freund Admet bittet. Aus dieser Polyphonie der Stimmen schält sich die ganze Komik ihrer existentiellen Sinsuche heraus. Alle Antworten, die sich in der „Alkestis“ finden lassen, entziehen sich Logik und Vernunft.

Aus den Kritiken

„In knapp 50 Minuten entwickelt die Kerkhof Produktion mit ihrer neuen Produktion „She Who Once Was..." einen Theaterabend, der, ich muss es ganz banal sagen, einfach schön ist. Ich bin am Ende richtig aus dem Theater geschwebt.

Regisseur Ingo Kerkhof verlangt seiner Protagonistin eine ungemeine Präsenz ab. Im weiten, leeren, nur von Lichteffekten gegliederten Raum muss sie die Vielfalt einer höchst komplizierten Seelenlandschaft erschliessen. Und Magdalene Artelt gelingt das dank präziser Körpersprache und ausgefeilter Sprechkultur, und, was besonders wirkungsvoll ist, mit leiser Ironie.

Das Schicksal der am Altar der Macht geopferten Alkestis, die freiwillig für den geliebten Mann in den Tod geht, ist eine Folie, um eine Frau auf ihrer Suche nach Selbstbestimmung zu zeigen, ein ewig aktuelles Thema. Eine Suche, die immer wieder vor der Mauer gesellschaftlicher Grenzen enden muss. Was bleibt, ist die kleine Rebellion, das Aus-der-Rolle-fallen wie Suff, eine Fressorgie, Sich-Gehen-lassen und Verschlampen. Doch zwischen Opernpathos und der säuselnden Melancholie einer Bar verliert sich schliesslich alle Ehrlichkeit der Selbstbefragung. Es bleibt nur der Kater und die schale Erkenntnis, dass alles echte Gefühl massiv bedroht wird von den griffigen Klischees, die davon inzwischen im Umlauf sind.

Doch diese Produktion ist viel zu klug, um sentimental zu werden. Wiederholungen kurzer Textsequenzen und die kühle Disziplin der Vorführung sorgen für Distanz. Das mitdenkende Publikum ist gefragt, und das bekommt viel in gerade mal 50 Minuten; mehr, als bei so manchem staatstragenden sogenannten grossen Theaterabend.

Im Dezember folgt eine an diese Inszenierung anschliessende Bearbeitung von Kleists „Penthesilea" und darauf darf man sich jetzt schon freuen. Denn die Arbeiten der Kerkhof Produktion schaffen es immer wieder, dass man sich auf der Bühne selbst entdeckt, und das ist an diesem Abend auch schmerzhaft und lässt sich mit Verlassen des Theaters nicht abschütteln."

Radio Eins

„Die Kerkhof Produktion gilt als eine der besten Berliner Off-Theater-Truppen. Mit „She Who Once Was..." wird dieser Ruf kraftvoll gestärkt. In nur 50 Minuten entwickelt Magdalene Artelt im leeren Bühnenraum die faszinierende Studie einer Frau von verzweifelter Suche nach sich selbst.

Dieser Monolog der Einsamkeit versprüht eine geradezu wollüstige Intensität. Der Ausverkauf echter Gefühle im Banne von sozialer Anpassung und ökonomischer Unterwerfung wird schmerzhaft deutlich. Das Publikum kann viele Anregungen zum Bedenken der eigenen Lebenssituation mit nach Hause nehmen. Das ist von beunruhigender wie beeindruckender Beredsamkeit."

Berliner Kurier

„Erstaunlich viel Originaltext von Euripides ist zu hören. Er ist die Grundlage für das Unbehagen, das die Schauspielerin nicht unterdrücken kann. Suspekt ist ihr diese Alkestis, die sich befreit, indem sie untergeht. Was also tun, um das zu begreifen? Erstmal stopft sie wie eine Irrsinnige Erdbeeren in den Mund, als versuche sie, es mit jedem Bissen mit der übermächtigen griechischen Königin aufzunehmen. In solchen Momenten vollbringt Magdalene Artelt, die ihre Rolle mit Bravour zu meistern versteht, einen hervorragenden körperlichen Einsatz."

Frankfurter Allgemeine Zeitung

„Viel passiert in dieser knappen Stunde im Theater am Halleschen Ufer nicht. Dennoch fesselt Magdalene Artels Monolog in jeder Minute.

Ingo Kerkhofs Inszenierung ist in ihrer ruhigen Konzentration auf das Wesen der Geschichte und die Persönlichkeit der Schauspielerin von rührender Komik und gleichzeitig ein delikater Kommentar zum Liebesmythos."

Die Welt